Nachdem wir die Nacht in Pedro Ruiz Gallo verbracht hatten, beobachteten wir, dass mit Lehm beschmutzte Lastwagen die Straße herunter kamen. Wir schlossen daraus, dass der Weg nach Pomacocha wieder passierbar war. Wir hatten uns nicht geirrt. Wenig später machten wir uns auf den Weg nach Pomacocha. Die noch mit dem Aufräuhmen beschäftigten Arbeiter bescheinigten uns die Schwierigkeiten, die es in der Nacht gab. Wieder ein Wechsel der Vegetation, den ich sehr angenehm empfand. Auf den Bergen waren weniger Steine zu sehen und sie waren mit üppiger Vegetation bewachsen. Die Straße war alles andere als eintönig, eine Kurve nach der anderen und dann ... noch eine Kurve ... und dann erschien der schöne See Pomacocha in seiner ganzen Eleganz vor unseren Augen. Wir fuhren bergab bis zur Ortschaft Florida Pomacocha, wo sich in einer Höhe von 2200 m der See befindet, der das Geheimnis einer niedlichen Legende in seinen Wassern birgt: Zur Zeit der Inkas war diese ganze Gegend mit sehr engherzigen Menschen besiedelt. Als Atahualpa gefangen wurde, kamen die Inkas hierher, um Gold zu seiner Befreiung zusammenzutragen. Doch als sie noch hier waren erfuhren sie, dass Atahualpa nicht mehr lebte. So schenkten sie das Gold den Bewohnern, diesem engherzigen Volk. Man erzählt, dass eines Tages ein alter Mann ins Dorf kam und eine Unterkunft erbat, die ihm aber niemand geben wollte. Endlich nahm ihn eine alte Frau in ihrem Hause auf. Der Alte sagte ihr: «Gehe morgen mit deiner Familie auf eine hochgelegene Stelle, denn es wird regnen wie eine Sintflut und das ganze Dorf dieser engherzigen Leute wird überschwemmt werden.» Und so geschah es. Es blieben nur die Guten und Großherzigen übrig. An dieser Stelle finden wir jetzt den See Pomacocha, der seinen Namen von den Wörtern Poma (Puma) und Cocha (See) herleitet, da es früher viele Pumas in der Gegend gab. Der See ist 4 km lang und 3 km breit. An der tiefsten Stelle ist er 180 m tief und an der seichtesten 120 m. Das Sonderbare an diesem See ist, dass er kein seichtes Ufer hat, deswegen wird er auch nur wenig zum Baden benutzt. Außerdem erzählen die Anwohner, dass der See einen Ertrunkenen nicht mehr frei gibt. Man sagt, das passiert, wenn der See Hunger hat. Nachdem wir in den Mythen und Legenden, die die peruanischen Dörfer schmücken, verschlungen waren, verbrachten wir die Nacht in Carlos González Hotel Puerto Pumas. Von allen Zimmern hat man eine beeindruckende Sicht auf den See und die umgebenden Berge mit üppiger Vegetation und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Eine typische Landschaft der Vereinigung von Gebirge und Urwald (Ceja de selva).
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Frühzeitig brachen wir vom Hotel Puerto Pumas in Pomacocha auf, um zunächst wieder auf dem gleichen Weg nach Pedro Ruiz Gallo zurückzufahren. Dort bogen wir dann in die Straße nach Bagua und Jaén ein. An der Brücke La Cascada (Wasserfall) sieht sich der Reisende dem mächtigen Wasserfall Corontachaca gegenüber, der zu einem Halt einlädt. Auch wir hielten an, um ihn zu bestaunen und in Fotos festzuhalten und führten dann unseren Weg am Ufer des Flusses Utcubamba fort. Zur Mittagszeit kommen wir in Bagua Grande an, das in einer Höhe von 450 m liegt (etwa km 228). Es ist eine relativ große Stadt. Mich verplüffte die enorme Anzahl der vielfarbigen Mototaxis, die die Straßen der Stadt durchschwärmen. Nach dem Durchfahren der Stadt kommen wir rechter Hand zu einer Abzweigung nach Bagua Chica, wo der Utcubamba in den großen Strom Marañón einmündet. Wir ließen Bagua Chica seitlich liegen und fuhren unseren Weg nach Jaén fort. Wir verließen den Utcubamba und begleiteten nun den Marañón. Etwa am Kilometer 196 überquerten wir die Brücke 24 de Julio, von wo aus wir einen vorzüglichen Ausblick auf beide Seiten des großen Flusses hatten. Das warme Klima, die Höhe und die asphaltierte Straße blieben praktisch gleich auf dem Wege bis nach Jaén. Gerade rechtzeitig zum Mittagessen kamen wir in Jaén an. Nach einer kurzen Pause fuhren wir auf dem Weg nach San Ignacio weiter. Wir durchfuhren Bellavista, Tamborapa mit der Überquerung des Flusses gleichen Namens und Chuchuhuasi. Auf diesem Weg begleitete uns der Fluss Chinchipe, ein anderer großer Zufluss des Marañón. Der Weg führte uns nach Puerto Limón. Doch um in dieses Dorf zu gelangen muß man den Chinchipe mit Hilfe eines Fährseils überqueren. An diesem Tag war der Fluss wegen heftiger Regenfälle im Gebirge stark angeschwollen. Die Stecke von Jaén nach San Ignacio ist vornehmlich eine Schotterstraße mit nur wenig Abschitten, die zwar asphaltiert aber schon wieder zerstört waren. Wir waren froh, in den Geländewagen von Land Rover reisen zu können, die uns diese Straßenverhältnisse vergessen ließen. Bei sinkender Sonne kamen wir in San Ignacio an. Es liegt in einer Höhe von 1300 m im nördlichsten Teil des Departaments Cajamarca und ist der wichtigste Anbauort von ökologischem Kaffee ohne Verwendung von chemischen Düngern und Pflanzenschutzmitteln. Jährlich werden eine Million Säcke Kaffee erzeugt, die von Jaén aus in die USA und Deutschland exportiert werden. Für den nächsten Tag erwarteten uns 48 km «Straße» der niedrigsten Straßenqualität (glücklicherweise mit Land Rover) von San Ignacio zur Grenzsiedlung La Balza.
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Recht früh brachen wir auf nach La Balza, internationaler Hafen und Ansiedlung an der Grenze zu Ekuador. Es gehört zum Distrikt Namballe, Provinz San Ignacio.a Balza (700 m Höhe). Zur Zeit kann der Fluss Canchis nach Ekuador nur mit einem Floß überquert werden. Es gibt aber schon ein Proyekt zum B Zweieinhalb Stunden benötigten wir nach Lau einer Brücke, um beide Länder zu verbinden und den Tourismus sowie die peruanisch-ekuadorianische Integration zu fördern. Auf peruanischer Seite gibt es bis jetzt nur 30 und auf ekuadorianischer Seite 10 Häuser. Wir hoffen, dass durch dieses Proyekt die sehr notwendige Entwicklung beider Länder in dieser Gegend gefördert wird. Die Wärme war erstickend und die Luft voller Mücken. Den Rest des Tages verbrachten wir mit der Rückreise nach Puerto Pumas in Pomacocha.
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Von Pomacocha (km 327) aus machten wir uns auf den Weg zu unserem Endziel: Tarapoto. Die Brücke Nieva über den gleichnamigen Fluss am Kilometer 371 bildet den Grenzpunkt zwischen dem Departament Amazonas und San Martín. Die Vegetation wird immer dichter und das Klima besser. Etwa bei Kilometer 410 kamen wir nach Aguas Verdes (grüne Wasser), das noch zum «hohen Urwald» gehört. Noch sind Teile des mit Vegetation bedeckten nord-östlichen Gebirgszuges zu erkennen. Langsam dringen wir ins Tal des Alto Mayo ein (1000 m Höhe), eines der reichsten Täler Perus, das vom Fluss Mayo durchflossen wird, der in den Huallaga einmündet. Von hier kann die sogenannte Cordillera Azul (blaue Gebirgskette) beobachtet werden. Hinter diesem Gebirgszug beginnt das Tiefland des Amazonas. Leider führte unsere Reise nicht bis in dieses Gebiet. Die Straße durchquerte verschiedene Orte wie Santa Rosa del Mirador, Los Naranjos (km 428), 3 de Mayo (km 430), Tumbaro (km 437), Naranjillo (km 442), Victoria (449), San Juan (km 451), La Unión (km 456), Nueva Cajamarca (km 459). Letzteres gehört bereits zum Distrikt Rioja, mit größerer wirtschaftlichen Bedeutung als Moyobamba. Die Stadt mit den grössten wirtschaftlichen und turistischen Aktivitäten in ganz San Martín ist jedoch Tarapoto. Bis Rioja ist die Straße asphaltiert, danach leider nicht mehr. In Rioja besuchten wir Frau Leito, die durch ihre typischen kunsthandwerklichen Gegenstände bekannt ist. 20 km weiter erreichen wir Moyobamba (in 900 m Höhe), Hauptstadt des Departaments San Martín und älteste Stadt der Gegend, weshalb sie als kulturelle Wiege des östlichen Perus bezeichnet wird. Die Wasserfälle von Gera bezeugen die Schönheit der Landschaft und werden von vielen Touristen besucht. Beim Mittagessen im Hotel Puerto Mirador von Moyobamba erlabten wir uns an vorzüglichen typischen Gerichten. Zuerst zwei Aperitife, Bailys de Rioja und Moyosha (aus Wurzelextrakten, Zimt, Zuckerrohrschnaps und Kakao). Das Essen begannen wir mit der bekannten Inchicapi (eine Suppe aus Mais, Erdnüssen, Koriander, Maniok, Hähnchenfleisch und Aji) und als Hauptgericht Rinderlende mit gebackenen Bananen und zur Begleitung frittierte Bananenscheiben und kleine Moniokstückchen. Nach diesem angenehmen Aufenthalt ging unsere Reise nach Tarapoto weiter. Nicht fehlen durfte ein Halt in Lamas, 20 km von Tarapoto entfernt. Seine Bewohner sind anderen Ursprungs sind als in allen anderen Urwaldgegenden. Trotz vielfältiger andersartiger Einflüsse haben sie ihre eigenständigen Gebräuche und Traditionen bewahrt. Es handelt sich um ein Volk der einheimischen Gebirgsbewohner, die von den Chancas abstammen, die in den Urwald emigrierten, um dem Joch der Inkas zu entfliehen. Ihre Sprache ist daher das Quechua. Lamas ist als Folklore-Zentrum von San Martín bekannt. Es ist terrassenförmig in drei Höhenebenen angelegt. Endlich erreichten wir auf unserem Wege Tarapoto, als Stadt der Palmen bezeichnet. und nur drei Kilometer von der Stadt entfernt kommen wir in Puerto Palmeras Tarapoto Resort an. Es ist ein idealer Ausgangspunkt, um die turistischen Attraktionen der Umgebung kennenzulernen. Im Resort selbst finden wir einen eigenen See, ein Schwimmbad mit olympischen Ausmaßen, eine Kapelle und viel Komfort für den Touristen. Das wichtigste aber ist das freundliche und entgegenkommende Wesen seines Eigentümers Carlos González, der auch der Promotor und Führer dieser Reise ins Reich der Chachapoyas ist. Er ist der hauptsächliche Förderer des Tourismus für die ganze Gegend. Von Puerto Palmeras aus werden Ausflüge nach Tarapoto, zum Mayo-Fluss (Bootsfahrten), den Wasserfällen con Ahushiyaku, dem See Laguna Azul oder Lago Sauce, Puerto Patos, Lago Lindo, Yurimaguas und vielen anderen für den Touristen interessanten Plätzen der Umgebung organisiert. Ich glaube, dass Sie mit mir übereinstimmen, «Es gibt das Paradies», wie Carlos González sagt. Peru ist ein wunderbares Land. Die Natur beschenkt uns mit Landschaften, Tier- und Pflanzenwelt und auf der Welt einmaligen Reizen. Was wir haben, müssen wir gerne haben, darauf aufpassen und es bekannt machen. Ich hoffe, dass dieser Reisebericht für Sie ein Genuss war. Ermuntert Sie es nicht, diese Reise selbst zu erleben? Begleiten Sie uns in der nächsten Ausgabe auf unserer Reise nach Yurimaguas, der Perle des Huallaga. |
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Aus «Peru-Spiegel / Espejo del
Perú», N° 53, August 2000, Seiten 11–15
Fotos: Claudia Dopf und Carlos González